Psychologische Sicherheit – Vertrauen, das Zusammenarbeit möglich macht

20. Mai 2025

Warum das Thema wichtig ist – ein persönlicher Einstieg

Vor einiger Zeit in einer (fiktiven) Team-Supervision, bei der ich einen offenen Austausch über Herausforderungen im Team anregen wollte, herrschte auf meine erste Frage betretenes Schweigen. Niemand meldete sich. Erst später kam eine Teilnehmerin leise zu mir und sagte: „Bei uns traut sich kaum jemand, offen über Probleme oder Fehler zu sprechen.“
Dieser Moment hat mich tief berührt – und mir deutlich vor Augen geführt, wie entscheidend psychologische Sicherheit wirklich ist.

Seitdem achte ich stärker auf Zwischentöne in Teams: auf das, was nicht gesagt wird, auf vorsichtige Blicke, auf zögerliches Verhalten. Denn häufig zeigt sich ein Mangel an psychologischer Sicherheit nicht laut – sondern zwischen den Zeilen.

In Gesprächen oder Supervisionen höre ich dann immer wieder Aussagen wie:

  • „Kritik wird schnell persönlich genommen, weshalb Mitarbeitende sich lieber zurückhalten.“

  • „Fehler werden nicht als Lernchancen gesehen, sondern häufig vorgeworfen.“

  • „Man hat oft das Gefühl, nicht ehrlich seine Meinung sagen zu können, ohne dass es negativ ausgelegt wird.“

  • „Es gibt viele unausgesprochene Spannungen, weil niemand richtig zuhört oder Verständnis zeigt.“

  • „Neue Ideen werden eher skeptisch betrachtet, statt willkommen geheißen.“

  • „Es herrscht eher Konkurrenzdenken als Zusammenarbeit – jeder hält seine Erfahrungen für sich.“

Diese Sätze geben einen Eindruck davon, wie sich ein Klima anfühlt, in dem psychologische Sicherheit fehlt – und wie sehr sie Teams in ihrer Entwicklung hemmen kann. Doch was genau ist eigentlich damit gemeint?


Was bedeutet psychologische Sicherheit?

Der Begriff wurde von Amy Edmondson geprägt. Er beschreibt ein Klima im Team, in dem Menschen ohne Angst sprechen, Fragen stellen, Fehler zugeben und sich einbringen können – ohne befürchten zu müssen, bloßgestellt, verurteilt oder ignoriert zu werden.

Psychologische Sicherheit bedeutet nicht, dass immer Harmonie herrscht oder alles weichgespült wird. Aber es wird ehrlich, respektvoll und konstruktiv miteinander gesprochen. Und: Solche Teams arbeiten nachweislich erfolgreicher – das belegen zahlreiche Forschungsergebnisse von Edmondson und anderen.


Drei Grundelemente psychologischer Sicherheit

1. Vertrauen
Vertrauen ist keine Einbahnstraße. Es geht darum, anderen zu vertrauen – und sich zugleich so zu verhalten, dass andere auch Ihnen vertrauen können. Vertrauen entsteht durch Berechenbarkeit, Integrität und echtes Zuhören.

2. Verletzlichkeit
Nur wer sich sicher fühlt, kann offen über Unsicherheiten und Zweifel sprechen. Führungskräfte spielen hier eine Schlüsselrolle – indem sie mit gutem Beispiel vorangehen. Ein Satz wie „Ich weiß es gerade auch nicht“ oder „Da habe ich mich geirrt“ kann den Raum für andere weit öffnen.

3. Verantwortung
Verantwortung bedeutet mehr als Pflichtgefühl. Sie zeigt sich in absichtsvoller, freiwilliger und kompetenter Initiative – getragen von innerer Überzeugung.
Wer sich nur verpflichtet fühlt, hat keine echte Wahl. Wer Verantwortung übernimmt, handelt aus Freiheit und Sinn.


Was Sie – nicht nur als Leitung- konkret tun können – Tipps für die Praxis

Eigenverantwortung stärken
Ermutigen Sie Ihr Team, eigene Vorschläge einzubringen – nicht aus Pflicht, sondern aus echter Motivation. Zeigen Sie, dass Initiative willkommen ist – und gewürdigt wird.

Vertrauen aufbauen
Schaffen Sie ein Umfeld, in dem Meinungen ohne Angst geäußert werden können. Reagieren Sie wohlwollend – gerade auf kritische oder ungewöhnliche Beiträge.

Fehlerkultur etablieren
Behandeln Sie Fehler als Lernanlässe. Fragen Sie: „Was können wir daraus mitnehmen?“ statt „Wer war’s?“. Das stärkt Mut, Ehrlichkeit und Entwicklung.

Wünsche und Bedenken ansprechen lassen
Geben Sie Raum für persönliche Anliegen – in Dienst- und Teambesprechungen, in Einzelgesprächen oder Reflektionsrunden, z. B. nach einem besonderen Projekt, einem herausfordernden Tag oder nach den Ferien. Zuhören kann Verbindung schaffen.


Reflexionsimpuls

Wie ist das in Ihrem Team?

  • Gibt es Raum für Unsicherheiten und Fragen?

  • Wird über Fehler offen gesprochen – oder lieber geschwiegen?

  • Fühlen sich alle einbezogen und gesehen?

Es kann sehr hilfreich sein, das Thema psychologische Sicherheit gemeinsam im Team anzusprechen.

Seien Sie sich aber bewusst: Ohne eine tragfähige Vertrauensbasis wird es selten ehrliches Feedback geben.


Fazit

Psychologische Sicherheit ist kein Luxus –
sondern eine Grundvoraussetzung für gesunde Teamkultur, wirksame Zusammenarbeit und nachhaltige Ergebnisse.

Indem Sie:

  • Vertrauen aufbauen,

  • Verletzlichkeit vorleben

  • und Eigenverantwortung ermöglichen,

… schaffen Sie ein Umfeld, in dem Menschen sich einbringen, wachsen und ihr Potenzial entfalten können.


Haben Sie ähnliche Erfahrungen gemacht?
Ich freue mich über Ihre Rückmeldungen, Fragen oder Anregungen zum Thema.

Quelle: Martina Kohrn; aus dem Onlinekurs: SOLVE – in 8 Modulen Teamkonflikte lösen

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